Ich habe das Internet gelöscht

Naja, nicht ganz. Aber einen sehr aufdringlichen Teil davon: Instagram. Über die Fastenzeit habe ich zusammen mit einer Freundin die Instagram-App von unseren iPhones verbannt – Fasten, an die moderne Zeit angepasst. Es hat auch eine ganze Weile gut geklappt, aber als dann die Ausgangsbeschränkungen anfingen und ich plötzlich viel mehr Leerlauf hatte, wurde ich schwach. Warum auch immer!? So gesehen habe ich Instagram nie sehr geschätzt und auch nie exzessiv genutzt – dachte ich, bis mich die Bildschirmzeit eines anderen belehrte.

Zur Info: Dieses Feature überwacht, wie lange man welche Apps verwendet und macht eine private Statistik daraus.

Ich meine, es ist ja auch nicht so, als hätte ich nichts Besseres zu tun: Tausend Ideen und Wünsche hätte und habe ich, möchte lesen, wieder malen, etwas backen, … Aber bevor ich jetzt Zeit vergeude, eine Entscheidung zu treffen, hat Instagram in 1,7 Sekunden eine endlose Bahn an Content für mich parat. Content, von dem es meint, er würde mir gefallen (und ehrlicherweise passen die Sachen oftmals erschreckend gut).

Aber wann hat das angefangen, dass ich selbst nicht mehr weiß, was gut für mich ist? Dass ich Algorithmen brauche, um meine Freizeit ohne jeglichen Aufwand zu füllen? Es geht ja nicht einmal darum, aus der Zeit etwas zu machen, sondern nur, sie zu verbringen… Es ist mittlerweile mehr als denkbar, dass KI (z.B. von Amazon, Google oder Facebook) detaillierteres Wissen über unsere Interessen hat als wir selbst behaupten würden. Und für uns „User“ sei das so toll, weil wir den Service dann noch besser nutzen könnten. Das stimmt vielleicht, aber vor allem möchten die Firmen doch, dass wir mehr Zeit mit ihren Diensten verbringen.

Die Firmen sind das eine. Die Menschen, also die „User“, das andere. Und auch an der Stelle tut mir ein bisschen Detox gerade ganz gut. Plötzlich weiß ich, dank der über 30 Stories auf meiner Startseite, welche Partys ich schon wieder verpasst habe. Ich sehe sofort, wer gerade mit wem abhängt (ja, auch jetzt kommt das vor, trotz Corona) und wie arm ich doch dran bin. Dann gibt es Beiträge und Kommentare, über die ich mich einfach nur aufregen könnte (und es dann auch tue, um ehrlich zu sein). Mit einem meiner Freunde bin ich schon so weit, dass wir uns Posts zuschicken und dann so etwas wie „Oha, bei den Kommentaren könnt‘ ich wieder mal ausrasten!“ nachsetzen. Natürlich schaue ich die an, wobei ich rückblickend jedes Mal merke: Das hat mir exakt nichts gebracht.

Und auch Corona hat sich im Internet wie ein Virus (ja, das sollte lustig sein) ausgebreitet – wer sich infizieren möchte, sollte einfach Instagram benutzen. Die eine verbreitet Panik, der andere hängt an Zahlen und Kurven fest. Ich komme nicht mehr mit. Ich kann alldem nicht adäquat begegnen – und ich glaube spätestens das ist eine Aufforderung, es einfach zu lassen.

Tschüss Instagram, bye-bye Snapchat, sayonara Twitter. Lange genug habt ihr mit mir Zeit totgeschlagen. Jetzt ist YouTube allein auf dem Schlachtfeld…

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